Hornemann Kolleg SPEZIAL - Das Fragment zum Sprechen bringen
Innovative Techniken zur Dokumentation und Visualisierung des Wandmalereizyklus in der Brandenburger Domklausur
Vortragende: Dipl.-Rest. Sabine Krause-Riemer M.A. und Prof. Dr. Dipl. Rest. Ursula Schädler-Saub, HAWK
Die ehemalige Bibliothek der Prämonstratenser in der Brandenburger Domklausur war in den 1440er Jahren mit einem Wandmalereizyklus zu den Wissenschaften und Künsten geschmückt worden, den Zeitgenossen wegen seiner großen Schönheit lobten. Durch Umnutzungen, Verluste und Neugestaltungen geriet er in Vergessenheit und wurde erst Anfang des 21. Jahrhunderts bei Sanierungsarbeiten freigelegt. Zum Vorschein kamen extrem fragmentarische figürliche Darstellungen in einem ebenso reduzierten illusionistischen Rahmenwerk.
Wie kann man diese kaum mehr verständlichen Fragmente dem Publikum vermitteln? Einfach wieder übertünchen? Oder teilweise retuschieren? Man entschied sich für eine reine Konservierung des überlieferten Bestandes, auch wenn auf Putzen und Grundierungen mit dem bloßen Auge fast nichts mehr zu erkennen war. Hier können innovative strahlendiagnostische Untersuchungstechniken in Verbindung mit bildgebenden digitalen Verfahren äußerst hilfreich sein. Mit restauratorischen Befundsicherungen zu Maltechnik und Erhaltungszustand und einer kombinierten Anwendung mehrerer strahlendiagnostischer und bildgebender Verfahren wurden die gesammelten visuellen Phänomene in sog. Bildstapeln zusammengefasst, um sie in interdisziplinärer Zusammenarbeit auszuwerten. Eine auf den Befunden beruhende formgebende Interpretation ermöglichte dann Rückschlüsse auf Ikonographie, Komposition und stilistische Merkmale. Damit lässt sich vieles herausfinden und visualisieren, was vorweg nicht sichtbar war – sofern noch materielle Spuren der Wandmalereien erhalten sind, und seien sie noch so gering.
Dipl.-Rest. Sabine Krause-Riemer M. A., studierte an der TH Köln, CICS, Restaurierung/Konservierung von Wandmalerei/Objekte aus Stein. Seit vielen Jahren befasst sie sich mit strahlendiagnostischen und bildgebenden Verfahren zur Visualisierung von Fragmenten im Bereich Wandmalerei und Architekturoberflächen, im Rahmen von Forschungsprojekten und in der Lehre. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin im laufenden DFG-Projekt zum Thema „Hyperspektrale Untersuchungsmethoden und die Entwicklung einer digitalen Toolbox für die Erforschung und Vermittlung fragmentarischer Wandmalerei“, unter Leitung von Prof. Dr. Ursula Schädler-Saub, an der HAWK Hildesheim. Sie war wesentlich beteiligt an den Ergebnissen des im Dezember 2021 abgeschlossenen DFG- Projekts über den Wandmalereizyklus zu den Wissenschaften und Künsten in der Brandenburger Domklausur, Schwerpunkt „Restaurierungswissenschaftliche Forschung zur substanziellen und ideellen Erschließung des erhaltenen Bestandes“, ebenfalls unter Leitung von Prof. Schädler-Saub, HAWK Hildesheim, das im Tandem mit dem kunsthistorischen DFG-Projekt der Universität Paderborn, Leitung Prof. Dr. Heinrichs, durchgeführt wurde.
Prof. Dr. Dipl. Rest. Ursula Schädler-Saub ist Restauratorin, Denkmalpflegerin und Kunsthistorikerin. Studium an den Staatlichen Universitäten in Mailand und Florenz sowie am Opificio delle Pietre Dure in Florenz. Über viele Jahre als Restauratorin für Wandmalerei und später als Gebietsreferentin für Kunst- und Baudenkmalpflege am Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege tätig. Von 1993 bis 2021 Professorin für das Fachgebiet „Geschichte und Theorie der Restaurierung, Kunstgeschichte“ an der HAWK Hochschule in Hildesheim, Fakultät Bauen und Erhalten. Seit Oktober 2021 ist sie Seniorprofessorin an der HAWK und mit Forschungsprojekten betraut, die sich mit Geschichte und Ethik der Restaurierung und der Denkmalpflege sowie mit innovativen Methoden und Techniken der Erforschung von Kulturdenkmalen befassen, Schwerpunkt Wandmalerei und Architekturoberflächen. Zudem ist sie für ICOMOS aktiv, den internationalen Rat für Denkmalpflege, u. a. mit Monitoring von deutschen Welterbestätten und als Sprecherin der Arbeitsgruppe Konservierung-Restaurierung. Seit vielen Jahren ist sie an der Konzeption und Durchführung internationaler Fachtagungen beteiligt. Es liegen zahlreiche Publikationen zu ihren Forschungsschwerpunkten in der Restaurierung und der Denkmalpflege vor.
Zum Vortrag mit anschließendem Gespräch und Umtrunk lädt das Hornemann Institut am 07.05.2025, um 18.30 Uhr, ganz herzlich in die Alte Bibliothek, Brühl 20, in Hildesheim ein!