Vortragender: Prof. Dr. phil. Sebastian Strobl, FH Erfurt
Nüchtern betrachtet ist Glas, nicht zuletzt aufgrund seiner Zerbrechlichkeit, einer der ungeeignetsten Werkstoffe, die je in den Architekturen abendländischer Prägung verbaut wurden. Dennoch ist es verständlich, dass dieses Material ab dem Moment in Gebäuden zum Einsatz kam, als die Römer zum Beginn der Kaiserzeit die Kunst entwickelten, lichtdurchlässige Glasscheiben herzustellen.
Dieser Trend verstärkte sich sogar noch, als man sich im Verlaufe des ersten nachchristlichen Jahrtausends mehr und mehr darauf verstand, aus der Kombination von farbigem Glas und Bleiprofilen zudem noch leuchtende Bilder zu fertigen. Folgerichtig war der Preis, den das Glas – wie auch sein Besitzer – für diesen eigentlich unverantwortlichen Einsatz „am Bau“ zahlen musste, stets überdurchschnittlich hoch. Ein völliger Ersatz des sprichwörtlichen Scherbenhaufens war somit häufig an der Tagesordnung. Doch was passierte, wenn aus finanziellen, ethischen oder ästhetischen Gründen kein Austausch sondern der Erhalt des fragmentierten Originals geboten war? Über die Jahrhunderte gab es, entsprechend den technischen Möglichkeiten sowie den Anforderungen des jeweiligen Zeitgeistes, unterschiedliche Ansätze, die uns heute bisweilen als Irrwege erscheinen. Von diesen Ansätzen ist dem Laien noch am ehesten das Reparaturblei bekannt – aber gerade dort stellt sich oft die Frage: Ist eine gegebene Bleilinie original oder ein Unfall der Geschichte?
Prof. Dr. phil. Sebastian Strobl ist Professor für die Restaurierung von Glasmalereien und Objekten aus Glas an der Fachhochschule Erfurt. Vorher leitete er 15 Jahre lang die Werkstätten für Glasmalereirestaurierung an der Kathedrale von Canterbury (UK).
Ein Interview mit Prof. Strobl zu seinem Vortrag finden Sie hier.