Präsident des Landesamtes für Denkmalpflege erläutert im Hornemann Kolleg erstmalig in der Region den Sensationsfund von 2011
Vortragender: Dr. Stefan Winghart (Präsident des Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege)
Bei archäologischen Untersuchungen vor dem Bau einer Pipeline wurde der Goldhort am 7. April 2011 nahe des Syker Ortsteils Gessel im Niedersächsischen Landkreis Diepholz entdeckt. Der Fund gehört zu den größten prähistorischen Hortfunden von Gold in Mitteleuropa und wird auf ein Alter von 3300 Jahren geschätzt: in eine Zeit, in der in Ägypten Königin Nofrete regierte. Als sicher gilt, dass der Fund seit seiner Vergrabung nahezu ungestört geblieben ist.
Neben diesem Fund haben die Archäologen Hunderte von Artefakten aus einer Zeitspanne von 12000 Jahren entdeckt.
Wie es dazu gekommen ist und wie diese Schätze nun restauriert werden und was mit ihnen geschieht, erläutert erstmals in der Region am 12. November 2012 im Rahmen des neuen Hornemann Kollegs der Präsident des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege, Dr. Stefan Winghart. Denn das Landesamt koordinierte dieses gewaltige Archäologieprojekt, mit bis zu 13 Grabungsteams und zeitweise über 100 Mitarbeitern eines der größten in Europa, und ist auch für die laufende Restaurierung verantwortlich. Denn als sich ein Einzelfund konkretisierte, wurde der Fund mittels Blockbergung als 90 × 65 cm großer Erdblock aus dem Boden gestanzt und der Block noch am Abend des Fundtages in die Restaurierungswerkstatt des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege in Hannover gebracht.
Am Erdblock erfolgten unmittelbar nach seiner Sicherung Untersuchungen mit mehreren bildgebenden Verfahren, wie Röntgenuntersuchung und Computertomographie (CT), um Einblick in den Inhalt zu erlangen. Aus den computertomographisch gewonnenen Daten von den Teilen im Inneren des Erdblocks wurde mittels computergestützter 3D-Visualisierung ein virtuelles Bild entworfen. Mit dessen Daten ließ das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege eine Nachbildung der Goldteile in Kunststoff per 3D-Drucker erstellen.
Der gesamte Prozess der Untersuchung des Erdblocks bis zur Freilegung der einzelnen Fundstücke dauerte mehrere Monate an. Zwei Stücke mit Goldspiralen im Erdreich wurden im Hinblick auf zukünftige, neue Untersuchungsmethoden nicht komplett freigelegt.
Bei den Fundstücken aus Gold handelt es sich überwiegend um Spiralen verschiedener Arten und Größen. Außerdem gehören zum Fund ein Wendelring, ein offener Armring und eine zusammengebogene Fibel. Bei den Goldteilen handelte es sich teilweise um Halbfertigprodukte. Bis heute sind noch nicht alle Fundstücke des Goldhortes von Gessel untersucht worden. Viele Nachbardisziplinen sind dabei involviert. Die Untersuchungsziele sind:
- Fundechtheit
- Oberflächenbeschichtung
- Materialzusammensetzung
- Herstellungstechnik
- Materialherkunft
Dabei werden Methoden der Lichtmikroskopie, Rasterelektronenmikroskopie, Röntgenfluoreszenzanalyse und Massenspektrometrie mittels Laserablation angewandt.
Als sicher gilt, dass der Goldhort von Gessel ein geschlossener Fund ist, der seit seiner Ablage in der Bronzezeit bis auf geringfügige Tierperturbationen ungestört geblieben ist. Der Archäologe Dr. Stefan Winghart teilte mit, dass die eng gepackten Goldteile in einem Beutel aus organischem Material (Tuch, Leder) gezielt in einer kleinen Grube unter der Erdoberfläche vergraben wurden. Bei den archäologischen Untersuchungen im April 2011 wurden sie 60 cm unter der heutigen Erdoberfläche gefunden.
Der Öffentlichkeit wurde der Grabungsfund bislang erst zweimal in Hannover und mehrmals in Syke vorgestellt. „Wir sind total glücklich, dass Herr Winghart uns diesen topaktuellen Vortrag über diesen Sensationsfund fürs Kolleg angeboten hat“, so Dr. Angela Weyer, die Leiterin des Hornemann Instituts.
Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Denkmalpflege