Zusammenfassende Dokumentation und Erforschung aller Grabungsfunde

Von der reich mit figürlichen und floralen Motiven geschmückten Chorschrankenanlage steht heute in St. Michaelis nur noch die Nordschranke: Aber es haben sich rund 250 mittelalterliche Stuck-Fragmente in vier verschiedenen Magazinen in Hildesheim und Hannover erhalten, die entweder von der Chorschrankenanlage aus dem Ende des 12. Jahrhundert oder von den Figuren der sog. Seligpreisungen und den Laibungen der Arkadenbögen im südlichen Seitenschiff von 1160/70 stammen. Ein paar wenige Fragmente scheinen von anderen Stukkaturenzyklen in St. Michaelis zu stammen.
Der Erhaltungszustand der Fragmente ist sehr unterschiedlich: Viele Oberflächen sind noch intakt und weisen Reste polychromer Fassung auf, andere sind mehr oder weniger stark reduziert sowie formal und ikonographisch nicht einfach zu deuten.

Hildesheimer UNESCO-Welterbe

Trotz ihrer Beschädigungen sind die Stuckfragmente insgesamt ein kunst- und kulturhistorisch sehr bedeutender Bestand des Hildesheimer UNESCO-Welterbes Hildesheimer Dom und St. Michaelis und sind von großem Interesse für die Erforschung mittelalterlicher Stuckplastik.

Zum Forschungstand

Die Dokumentation und Erforschung der Fragmente weisen noch erhebliche Lücken auf.
Zum einen waren sie noch nie alle zusammengeführt, weil sie vom 19. bis zum frühen 21. Jahrhundert in Grabungen unterschiedlicher Institutionen geborgen wurden und sich deshalb heute im Besitz von drei Institutionen befinden.
Zum anderen erfolgte die restauratorische Ersterfassung der älteren Funde bereits vor rund 30 Jahren. Seither sind in den Restaurierungswissenschaften verfeinerte restauratorische und naturwissenschaftliche Untersuchungen entwickelt worden und üblich geworden.

Zum Projekt

Inhalt des geplanten Projektes ist es, alle Fragmente zu Forschungszwecken zusammenzubringen und den bisherigen Stand der Forschung zunächst zu evaluieren und dann zu komplettieren. Es ist eine systematische Dokumentation und Erforschung der Stuckfragmente geplant, in Korrelation von historischen Quellen, restauratorischen Befunden am Objekt und naturwissenschaftlichen Analysen. Besonderes Augenmerk gilt dabei der materiellen Beschaffenheit sowie den Bearbeitungsspuren, die Rückschlüsse auf Werktechnik und ursprüngliche Zusammengehörigkeit geben können.
Die bereits vorliegenden fotografischen Dokumentationen sollen durch Fotos, UV Aufnahmen, 3D Scans sowie zeichnerische Dokumentation ergänzt werden.

Insbesondere die ursprüngliche Farbigkeit der Chorschranke ist ein großes Forschungsdesiderat, nicht nur für Hildesheim.  Auf der Grundlage des Einsatzes nicht invasiver Untersuchungstechniken und der sich daraus ergebenden Fragestellungen sollen gezielt kleinste Beprobungen erfolgen, für die Analyse von Stuck, Pigmenten und Bindemitteln.

Anschließend sollen die Untersuchungsergebnisse an den Hildesheimer Stuckfragmenten mit denen anderer aktueller Forschungsprojekte zum hochmittelalterlichen Stuck, insbesondere in Mitteldeutschland, verglichen werden.

Laufzeit und Publikation

Das Projekt startete im Oktober 2022 und soll Ende 2025 mit einer Publikation in der Schriftenreihe des Hornemann Instituts enden, die sich nicht nur an die Fachleute richtet, sondern durch viele gute Illustrationen und klare Sprache auch an die interessierte Öffentlichkeit. Die vollständige Re-Dokumentation soll mit DOI elektronisch publiziert werden.

Förderung

Das Projekt wird von der Beate und Hans Peter Autenrieth Stiftung finanziert und im Gedenken an den verstorbenen Kollegen Dr. Matthias Exner durchgeführt.

Projektbeteiligte an der HAWK

    Dr. Angela Weyer, Leiterin des Hornemann Instituts der HAWK (Projektleitung)

    Dipl.-Rest. Silja Walz M.A., wissenschaftliche Restauratorin

    Prof. Dr. Michael Brandt, ehem. Direktor Dommuseum Hildesheim

    Prof. Roland Lenz, Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Konservierung und Restaurierung

    Prof. Dr. Dipl. Rest. Ursula Schädler-Saub, Senior-Professorin an der HAWK

    Prof. Dr. Matthias Untermann, Universität Heidelberg

    Dr. Roland Prien und Steffen Bauer (Universität Heidelberg, Heidelberg Zentrum Kulturelles Erbe)